Vortrag von Hermann Welp über die heimischen Amerika-Auswanderer im 19. Jahrhundert am 26.10.2022

Kleine Zeitreise im Heimathaus

Hermann Welp referiert über die heimischen Amerika-Auswanderer im 19. Jahrhundert

Am 26. Oktober 2022 lud der Heimatverein Ankum zu einem geschichtlichen Schmankerl ins Heimathaus ein. Das Nortruper Urgestein Hermann Welp gab einen Vortrag über die Amerika-Auswanderer aus unserer Region im 19. Jahrhundert zum Besten. Das gut gefüllte Heimathaus lauschte gebannt den spannenden und humorvollen Ausführungen des 73jährigen.

Ungefähr 52 Millionen Europäer verließen im 19. Jahrhundert ihre alte Heimat, wobei allein 32 Millionen in Richtung USA loszogen. Die Deutschen bildeten dabei eines der größten Gruppen. Zwischen 1820 und 1930 kamen knapp sechs Millionen aus dem damaligen Deutschen Reich in die USA an.

Die Gründe für eine Auswanderung in die „Neue Welt“ waren vielfältig: Religiöse Minderheiten sehnten sich nach mehr Religionsfreiheit im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Nach der gescheiterten Revolution im Jahre 1848 sahen viele Bürger keine Zukunft mehr für ein demokratisches Deutschland und stachen über den Atlantik in See. Ein Hauptgrund war jedoch die wirtschaftliche Situation im „alten“ Deutschland: Durch Hungersnöte in den Städten und durch die immer kleinere Teilung von Land wurde das Überleben in Deutschland immer härter. Die neu entstandene Industrialisierung ließ viele traditionelle Berufe verenden. Und um nicht der Arbeits- und Perspektivlosigkeit zu verfallen, suchten viele Deutsche den Weg über den „Großen Teich“. Persönliche Gründe wie Liebeskummer, Abenteuerlust und die Sehnsucht nach einem ruhigen Leben spielten dabei natürlich auch eine Rolle.

Trotz all dieser Verlockungen war die Überfahrt nach Amerika für die Menschen ein Martyrium. Die Segelschiffe transportierten hauptsächlich Fracht nach Europa. Auf dem Rückweg nach Nordamerika waren dadurch Plätze auf dem Schiff frei geworden und die Reedereien nutzten den freigewordenen Platz, um Auswanderer für gutes Geld aufzunehmen. Als „Fracht“ mussten die auswandernden Menschen monatelang unter Deck bleiben, ohne Tageslicht und Frischluft. Krankheiten hielten auf dem Schiff Einzug. Und wenn die selbst mitgebrachte Verpflegung der Auswanderer ausging, mussten sie hungern und überlebten teilweise die Überfahrt nicht.

Für die, die diese Tortur überstanden, eröffnete sich in den USA ein Land, wo es genügend Ackerflächen, günstiges Wetter und gute Böden gab. Hier konnte man sich niederlassen und eine Existenz gründen. Viele Auswanderer schufen in den ländlichen Gebieten deutsche Gemeinschaften, wo man die gleiche Sprache bzw. den gleichen Dialekt sprach und wo Bauten nach heimischer Architektur errichtet wurden. So entstanden an vielen Orten auf amerikanischem Grund „Little Germanys“, wo sich erst die Enkelgeneration dieser Auswanderer als echte Amerikaner bezeichnete.

Einer dieser Auswanderer war 1955 ein Onkel von Hermann Welp aus Nortrup. Aufgrund der dadurch entstandenen verwandtschaftlichen Beziehungen in die Vereinigten Staaten unternahm Welp in den vergangenen Jahren mehrmals Reisen, um seine entfernten Familienmitglieder im Land zwischen Appalachen und Rocky Mountains einen Besuch abzustatten.

Mit diesen Nachfahren ausgewanderter Menschen aus unserer Region hat Hermann Welp in den Bundesstaaten Minnesota, Illinois und Ohio Schützen-, Kolping- und Sängerfeste gefeiert und er konnte sich ein ausführliches Bild vom Alltag und den Lebensgewohnheiten seiner Verwandten in der „Neuen Welt“ verschaffen.

Und genau das skizzierte Hermann Welp mit unzähligen Bildern auf der Leinwand im Heimathaus. Bilder über Städte und Dörfer, die deutsche Auswanderer gründeten und in denen heute deren Kinder, Enkel und Urenkel leben. Bilder über Kirchen, die nach deutschem Vorbild erschaffen wurden. Bilder über all die gastfreundlichen Menschen, die Welp auf seinen Reisen begegnete, mit ihnen feierte und anregende Gespräche führte. Mit seiner lockeren Art erzählte der 73jährige über so manche Anekdote, die er auf seinen Touren erlebt hatte und brachte das Publikum zum Schmunzeln.

Am Schluss seines Vortrags gab es donnernden Applaus für den Referenten und die Zuschauer konnten mit Gesprächen im kleinen Kreis und mit kalten Getränken nochmals in Erinnerungen schwelgen und den Abend ausklingen lassen.

Ein dickes Dankeschön an Hermann Welp für seinen eindrucksvollen Vortrag. Wir hoffen, dass wir ihn nochmal für einen gemütlichen Abend in naher Zukunft begrüßen können. Und für die nächste USA-Reise wünschen wir ihm alles erdenklich Gute. (us)

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